Verliebte|verlobte|verheiratete Anforderungen an sich selbst
Inhalt von Liebesbriefen zwischen Verlobten ist häufig das Imaginieren und Ausverhandeln der neuen Rollen und ein blumiges Ausmalen der gemeinsamen Zukunft, die zumeist stark normiert vorgestellt wird.
Karoline v. S. (geb. um 1862)
Die Grazerin Karoline v. S. beispielsweise formulierte sehr konkrete Anforderungen an sich als künftige Ehefrau. In der zärtlichen und durchaus humoristisch formulierten Korrespondenz mit ihrem dienstlich verreisten Verlobten Karl v. N. im Jahr 1896 stellte sie sich als besorgte und unterstützende Frau an seiner Seite dar:
2. April 1896. Mein geliebtes Karele! Daß Du Katarrh hast, und ich gar nicht wissen kann, wie arg (...) [er] ist und Dir gar nicht helfen oder [mich] kümmern kann, wenn Du Dich zu wenig schonst, das ist mir halt gar nicht recht. Bei Deinen künftigen Katharrhen will ich Dich schön hegen und pflegen und überhaupt auf mein süßes, brummiges Mandi recht acht geben (...) Weißt Du, Bösewichtl, auf das sogenannte Gefrett mit Dir, das Du mir in Aussicht stellst, fürchte ich mich gar nicht und die viele Geduld, die ich (...) mit Dir haben soll, mußt Du (...) [auch] mit mir haben. Ich bin durchaus kein Engel, bin oft recht wild und stelle allerhand ungeschickte Sachen an, ich brauche also in unseren künftigen Heim halt sehr Deine Nachsicht. Eines aber kann ich, - wie kein anderes Mädel auf der ganzen Welt, und wenn sie noch so schön und gut und gescheit ist, - Dich lieb haben, unaussprechlich lieb. Und deshalb werde ich auch sehr bald lernen Deine Interessen auch ganz zu den meinigen zu machen, ich werde mich so unendlich freuen und ganz stolz darauf sein, wenn Du mit mir über Deine Beschäftigungen sprechen willst es wird mir nichts uninteressant sein, (...), es ist mir ja alles, alles was Dich betrifft so interessant und lieb.
- Karoline v. S., Liebesbrief 1896, Sammlung Frauennachlässe SFN NL 31 I (Beschreibung im Onlinekatalog)
- siehe dazu u.a. Ingrid Bauer und Christa Hämmerle (Hg.) (2017)
Hans K. (geb. um 1915)
Hans K. hatte vor dem Zweiten Weltkrieg Medizin studiert. 1948 befand er sich noch in russischer Kriegsgefangenschaft. Neben einer beschränkten Anzahl an Postkarten war es ihm nur jeden dritten Monat gestatten, einen Brief zu versenden. Eines dieser Schreiben adressierte der 35-Jährige an die Eltern seiner Verlobten in Wien. Darin versprach er, nach seiner Rückkehr und Heirat auch für die Schwiegereltern da zu sein. Der Nachlass umfasst insgesamt 85 Briefe von Hans K. an die Studentin Hertha Bren. Das Paar war nach dem Ende der Gefangenschaft von Hans K. mehrere Jahre verlobt, löste die Verbindung aber schließlich auf.
11. Juli 1948. Verehrteste, liebste Mamma, lieber Vater! Zum vierten Male jährt sich heute der Tag, an dem ein glänzender Stern mein Schicksal erhellte, und mir eine der glücklichsten, sicher aber die bedeutendste Stunde meines bisherigen Lebens reichte. Es war ein versickernder Sommertag, an dem ich (...) in erlesenster Gesellschaft Ihre, nun auch meine (sagen wir besser:) unsere Hertha zum ersten Male sah und kennen lernte. (...) Schon seit Monaten wird es mir immer mehr zum Bedürfnis, Ihnen, den Hütern dieses Schatzes einmal (leider nur brieflichen) Dank abzustatten (...) und Ihnen aus tiefsten Herzen zu versprechen, die ganze Kraft meines künftigen Lebens für das Wohl Ihrer einzigen Tochter zu sparen, und damit Ihnen selbst einen ruhigen liebreichen Lebensabend zu sichern. (...) Ich bitte, behalten Sie mich lieb und weiter in guter Erinnerung, bis der Tag kommt, daß ich dieses Versprechen einlösen kann.
- Hans K., Brief 1948, Sammlung Frauennachlässe SFN NL 41 II (Beschreibung im Onlinekatalog)
- siehe dazu u.a. Ingrid Bauer und Christa Hämmerle (Hg.) (2017)